Baustelle Jugendhochschule
Die Jugendhochschule wurde in zwei Bauphasen errichtet. Infolge der Umstellung von sechswöchigen auf einjährige Lehrgänge zu Beginn der 1950er Jahre wurden größere Unterrichtsräume, Unterkünfte und Aufenthaltsmöglichkeiten für das Personal und die Studierenden benötigt. Bis Mitte der 1950er Jahre entstand daher in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Waldhof“ ein großzügiger und auf die Nutzung als Internatsschule abgestimmter Gebäudekomplex. Dessen architektonische Gestaltung erfolgte im Stil des in der DDR in den 1950er Jahren prägenden sozialistischen Klassizismus.
In den 1980er Jahren folgte eine zweite Bauphase. Im Vorfeld des Besuches des Bundeskanzlers der BRD Helmut Schmidt in der DDR im Dezember 1981 fanden zunächst umfangreiche Umbau- und Sanierungsmaßnahmen statt, um in der Jugendhochschule das Pressezentrum für den international viel beachteten Besuch einzurichten. Die öffentliche Aufmerksamkeit für die Jugendhochschule durch den Besuch Schmidts führte in der Folge zu einer umfangreichen Modernisierung und Erweiterung der gesamten Anlage anlässlich des 40. Jubiläums ihrer Gründung.
Mit der Gründung der DDR im Oktober 1949 wurde politisch „zuverlässiges" Personal für den neuen Staats- und Parteiapparat sowie für die Massenorganisationen benötigt. Die Jugendhochschule am Bogensee gehörte zu den Ausbildungsstätten für politische Funktionsträger:innen. Hatten am ersten sechswöchigen Lehrgang 1946 noch 60 Jugendliche teilgenommen, besuchten den ersten einjährigen Lehrgang 1951 bereits über 200 Student:innen. Der Beschluss zum Ausbau der Schule war bereits 1950 gefallen. Auf einer Fläche von zwei Hektar entstand bis 1956 ein neuer Campus, bestehend aus sechs in einem Rechteck gruppierten Gebäuden. Einander gegenüberliegend, auf der zentralen Achse des Geländes, wurden das Lektionsgebäude und das Kulturhaus angeordnet. An den beiden Längsseiten des Areals erstreckten sich die Wohn- und Verwaltungsgebäude. Mit der architektonischen Gestaltung beauftragte die FDJ ein Team junger Architekten, das von den Mitgliedern der Bauakademie Hermann Henselmann und Kurt Liebknecht betreut wurde.
Der von der FDJ-Schule anfangs genutzte „Waldhof“ wurde spätestens seit 1950 zu klein. Die Errichtung einer Barackensiedlung in der Nähe der "Waldhof-Gebäude" sollte kurzfristig Abhilfe schaffen.
Die zusätzlich errichteten Holzbaracken dienten als Wohn- und Seminarräume.
Nach der Fertigstellung der Jugendhochschule 1956 wurden die Baracken zu Einfamilienhäusern umgebaut. Einige sind bis heute erhalten.
In den ersten beiden Entwürfen der Architekten waren die geplanten Gebäude noch eher locker in dem bewaldeten Gelände angeordnet.
Die ersten Entwürfe stießen sowohl bei der FDJ als Auftraggeberin, als auch bei Walter Ulbricht auf Ablehnung und wurden zugunsten einer strengen Anordnung überarbeitet.
Als erstes wurde das Lektionsgebäude errichtet.
Richtkrone am Lektionsgebäude. Der Blick gibt das weitläufige Gelände frei, das für die Errichtung der Schulgebäude gerodet wurde.
Als zweites Gebäude wurde im Dezember 1955 das Kulturhaus fertiggestellt.
Von den geplanten vier Gebäuden, die den Campus an den Längsseiten flankieren, wurden in den 1950er Jahren nur drei umgesetzt. Eines der Häuser („Haus 1“, seit 1991 „Haus Potsdam“) wurde zunächst von der Schulleitung genutzt. Die anderen beiden waren Wohnunterkünfte.
Das in blauem Kunstleder gebundene Fotobuch wurde anlässlich des 10. Jahrestages der FDJ 1956 hergestellt und enthielt eine Serie zeitgenössischer Fotos des neu entstandenen Schul-Areals am Bogensee. Es diente als Gastgeschenk und als Auszeichnung von Mitarbeiter:innen.
An der Architektur der Jugendhochschule lassen sich die Wendungen in der Baupolitik der frühen DDR gut ablesen. Es sind zwei Planungen von Februar und Mai 1951 überliefert, die das Raumprogramm in freier Komposition in das bewaldete Gelände integrierten. Architekt Gottfried Wagner beschrieb den Ansatz so: „Wir wollten den jungen Menschen Arbeits-, Wohn-, Kultur- und Erholungsstätten schaffen, die in die Natur eingefügt sind. Dabei verteilten wir funktionell zusammenhängende Räume gruppenweise in mehrere Einzelhäuser, um diese so klein zu halten, daß sie den Wald nicht überragen und sich bequem dem Geländeverlauf und den Himmelsrichtungen anpassen lassen. Auf ornamentalen und plastischen Schmuck verzichteten wir fast völlig, denn wir wollten billig bauen." Mit diesen, durchaus modernen und eleganten Entwürfen geriet das Projekt mitten in die Formalismus-Kampagne der SED. Walter Ulbricht gab in Gegenwart von FDJ-Chef Erich Honecker, Bauakademie-Präsident Kurt Liebknecht und dem Ost-Berliner Chefarchitekten Hermann Henselmann in einer Politbürositzung „Hinweise". Zerknirscht referierte Wagner diese Kritik: „Aus der Naturverbundenheit wurde jedoch ein Verstecken im Walde, das keinerlei Übersicht über die weitläufige Anlage und keine Orientierung in ihr zuließ. Der Verzicht auf Schmuck und das damit in Zusammenhang gebrachte Streben nach geringen Baukosten entarteten zur Primitivität und die gewollte Heiterkeit der Gesamtanlage endete in chaotischer Willkür."
Nach Konsultationen bei der Deutschen Bauakademie entstand schließlich in kurzer Zeit der Entwurf zur heute existierenden Anlage mit dem geschlossenen Wohnhof und der axialen Ausrichtung zwischen dem Lektionsgebäude auf dem höchsten und dem Gemeinschaftshaus auf dem niedrigsten Geländepunkt. Das Ergebnis war ein absolutistisch-klassizistisches Bildungsschloss mit Wohnflügeln und Kulturhaus. Der Wohnhof ist durch einen Ehrenhain vom Lektionsgebäude abgetrennt und enthält einen Garten, der sich als Kulturraum vom Naturraum des Waldes abgrenzt – alles steht unter der Kontrolle des Unterrichtsgebäudes, des Hortes der einzig wahren Lehre.
Die Errichtung des Schulkomplexes von 1951 bis 1956 dauerte fast länger, als die Baupolitik der „nationalen Traditionen" Geltung besaß. Lange hatte die Moderne bereits wieder Einzug gehalten, als das noch fehlende letzte Internatsgebäude in den 1980er Jahren behutsam, wie mit einem Schmunzeln, als Plattenbau ergänzt wurde.
Die Gespenster der Vergangenheit sind vertrieben. Heute ist die einstige Jugendhochschule ein guter Ort, um durch vielfältige kulturelle und andere Nutzungen neue Geister zu versammeln, im Schloss im Wald.
Zwischen 1981 und 1986 wurde das Areal der Jugendhochschule in einer zweiten Bauphase weiter ausgebaut. Das Ensemble wurde um das vierte, noch fehlende Internatsgebäude ergänzt, das in den 1950er Jahren aus Kostengründen nicht umgesetzt werden konnte. Die damals errichteten Gebäude wurden zudem instand gesetzt und modernisiert. Weiter entstanden ein Heizhaus, eine Sporthalle, ein zusätzliches Wachgebäude und eine kleine Neubausiedlung mit Wohnungen für die Angestellten.
Die Ausstattung der Schule wurde durch eine moderne Simultandolmetscheranlage und die Einrichtung eines Computerkabinetts technisch auf den neuesten Stand gebracht. Der „Waldhof“, der bis zu diesem Zeitpunkt als Wohnhaus und Kindergarten diente, wurde nun zu einem Gästehaus mit Restaurant umgebaut. Kindergarten und -krippe zogen in die ehemaligen Wirtschaftsgebäude des „Waldhofes“ um.
Vom 11. bis 13. Dezember 1981 besuchte der Bundeskanzler der BRD Helmut Schmidt die DDR. Die Gespräche mit Erich Honecker fanden am Döllnsee statt, untergebracht waren die Gäste am Werbellinsee. Die Gebäude der Jugendhochschule dienten als Pressezentrum für die akkreditierten internationalen Journalist:innen. Für die Veranstaltung wurden alle Studierenden ausquartiert und ein Teil des Schulpersonals wurde für organisatorische Aufgaben eingesetzt.
Das politische Großereignis, das international aufmerksam verfolgt wurde, führte bereits im Vorfeld zu umfänglichen Modernisierungs- und Verschönerungsarbeiten am Bogensee.
Das Ereignis verhalf der Schule auch zu mehr Aufmerksamkeit seitens der SED-Führung, die kurze Zeit später die notwendigen Gelder für den Ausbau und Sanierungsmaßnahmen freigab.
Der Speisesaal des Kulturhauses diente als Aufenthaltsort für die Presse.
Das Pressezentrum nutzte die technische Infrastruktur der Jugendhochschule.
Im Großen Saal des Lektionsgebäudes fand die Pressekonferenz zum Besuch Helmut Schmidts statt. Das deutsch-deutsche Spitzentreffen stieß auf großes internationales Interesse.
Die Baumaßnahmen der 1980er Jahre orientierten sich an den ursprünglichen Planungen der 1950er Jahre und schließen diese ab.
Zu den Modernisierungsmaßnahmen gehörte auch der Einbau einer modernen Dolmetscheranlage im Lektionssaal. Auf der Galerie im hinteren Bereich des Saales wurden mehrere Kabinen für Dolmetscher eingebaut.
Mit dem Mitte der 1980er Jahre errichteten Neubauquartier entstanden zusätzliche Wohnungen für die Angestellten in unmittelbarer Nähe zur Jugendhochschule.
Mit der Errichtung des vierten Wohnhauses (seit 1991 „Haus Wien“) wurde das ursprünglich geplante Ensemble vollendet. Die Entwürfe orientieren sich an den Bestandsgebäuden aus den 1950er Jahren.
Auch der „Waldhof“ wurde Ende der 1980er Jahre umgebaut. Statt des Kindergartens und der Unterkünfte für Angestellte diente das Gebäude fortan als Gaststätte und Gästehaus.
Im modernisierten „Waldhof“ wurden in den 1980er Jahren hochrangige Besucher der Partei- und Staatsführung sowie internationale Gäste untergebracht.
Auch das Blockhaus auf der gegenüberliegenden Seite des Bogensees wurde in den 1980er Jahren saniert und zu einem Gästehaus umgebaut.